Sebastian Sternberg

Frida Leider - Sämtliche Liedaufnahmen 1922-1944
(Edition Frida Leider, FLG 19221944)

Fortsetzung der Frida-Leider-Edition

Das ging aber schnell! Die Frida-Leider-Gesellschaft hat bereits die zweite CD ihrer Edition mit allen verfügbaren Aufnahmen der Sängerin vorgelegt (FLG 19221944). Diesmal finden sich alle Lieder - von den frühen Aufnahmen der "Wesendonk-Lieder" (1922 und 1925) bis zu den letzten Einspielungen des Reichsrundfunks kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges. Erstmals auf CD sind neun Titel von Schumann, begleitet von MICHAEL RAUCHEISEN, zu hören, darunter das seltene Lied "Die Fensterscheibe". Sein "Verlassenes Mägdelein" aus den Beständen des Deutschen Rundfunkarchivs ist sogar eine Erstveröffentlichung. Das verleiht dieser CD Exklusivität. Nicht nur das. Die Versammlung aller Liedaufnahmen hat es so noch nicht gegeben. Allenfalls finden sich Lieder gern mal als Anhang und Ergänzung von Arienzusammenstellungen. Die Bündelung aber vermittelt einen viel stärkeren Eindruck vom großen Vermögen der Liedsängerin Frida Leider, ihrer vorbildlichen Stilistik, ihres konzentrierten Tons, ihrer großen Schlichtheit, die mehr Wirkung vermittelt als jede ausladende hochdramatische Gebärde. Die Leider springt uns nicht an. Sie will, dass wir ihr genau zuhören. Wir müssen uns einlassen auf das, was sie uns sagen - besser singen - will. Ihre Kunst ist von einer tiefen Menschlichkeit erfüllt. Sie ist - und das hören wir aus jedem Lied - eine Wissende, nicht eine Belehrende. Sie trickst nicht. Und wenn ein Ton knapp ist, dann ist er es eben. Ihr sehen wir das irgendwie lieber nach als anderen. Man kann der Leider einfach nichts nachtragen. Nach ihr hat es übrigens kaum eine Sängerin mehr fertiggebracht, neben Wagners Brünnhilde und Isolde mit Liedern wie Wolfs "Wie glänzt der helle Mond" oder Schuberts "Die Männer sind méchant" zu überzeugen. Sie war eine der Letzten, wenn nicht gar die Letzte. Bei aller Verehrung für Birgit Nilsson, Martha Mödl oder Astrid Varnay. Deren wohlmeinende Liedaufnahmen sind in solchem Vergleich doch hart an der Grenze.

Orpheus 5/6 2004

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